Autor: Frank Jermann, veröffentlicht am 5. März 2019
Wer ist Simon Kempston? Viel weiss ich tatsächlich nicht über ihn. Mühsam ist die Suche nach — ja, nach was eigentlich? Normalerweise sehe ich jetzt, ein paar Wochen vor dem Konzert, die eingegangenen Werbetexte durch und schreibe Veranstaltungshinweise. Bei anderen Künstlern führt das mir zugeschickte Material zwar auch nicht automatisch zu aussagekräftigen und knackigen Texten — aber die Vorarbeit für Simons Konzert ist wirklich eine Extra-Herausforderung.
Ist es vielleicht seiner schottischen Herkunft geschuldet, dass er sehr — hmm, sparsam ist mit seinem Informationsmaterial? Viel hat Simon uns in seiner eMail nicht zukommen lassen für eine werbewirksame Vorbereitung seines Konzerts am 29. März 2019. Ich lese, dass er aus Dundee stammt, aber einfach zu verwertende Daten und Fakten finde ich nicht so richtig. Ich recherchiere also besser online.
Nach einem Blick auf Simons Website wird mir schmerzlich bewusst, dass ich besser auf Max Dethloff, meinen Englischlehrer, gehört hätte. Habe ich aber nicht, damals vor knapp 45 Jahren. So stolpere ich mehr durch die Sätze auf Simons Webseiten und lerne: Sein Gitarrenspiel ist „distinctive“, es „technically reveals“ seine klassische Ausbildung und wird begleitet von einem „compelling clipped vocal style“. Aha. Max hatte recht.
Ich lese besser nochmal den Pressetext, den er uns geschickt hat. Da, vielleicht ist das etwas:
Die Zeitung „The Sunday Herald“ hat Simon einmal als einen der besten Songwriter Schottlands bezeichnet. Das ist sicher eine tolle Auszeichnung — aber den Sunday Herald gibt’s nicht mehr. Von wann ist das Zitat? Ich finde nichts dazu — lediglich, dass ein gewisser Alan Morrison diesen Satz geschrieben hat.
Alan Morrison — wer ist das nun wieder? Ich suche weiter. Irgendwie stosse ich auf einen Artikel aus dem Jahr 2012, in dem Alan Morrison mit besagtem Zitat erwähnt wird — und ein gewisser Nick Drake. Ob Sie es nun glauben oder nicht: Wir kommen Simon Kempston näher.
Um Himmels Willen: Wer ist Drake?
Als die Chefin der Fliegenden Ente das erste Mal ein Stück von Simon Kempston hörte, da meinte sie: „Ich mag das — erinnert mich irgendwie an Nick Drake.“ Ich habe volles Verständnis, wenn Sie jetzt fragen sollten: Wer, um Himmels Willen, ist denn nun noch dieser Nick Drake?
Kurz und knapp: Ohne Nick Drake hätten Elton John, Norah Jones, die Band R.E.M., Jimmy Page und andere weltbekannte Musiker völlig andere Karrierewege eingeschlagen. Laut eigenen Aussagen der Künstler hatte Drake entscheidenden Einfluss auf ihre Entwicklung. Vielleicht wären die heutigen Stars nie welche geworden, wenn sie nicht Drakes Musik gehört hätten!?
Und irgendwie hat Simon Kempston tatsächlich etwas von diesem Nick Drake. Drake war ein Singer-Songwriter und Fingerstyle-Gitarrist mit einem Schwerpunkt auf Folk. Ganz so wie Simon.
A City Beautiful
Wenn Simon Kempston also nicht wie Andreas Gabalier daherkommt (zum Glück!), dann werden wir auch keine schenkelklopfenden Schlagerchen erwarten können, sondern ernstzunehmende Musik und etwas zum Nachdenken. Das lässt einiges erwarten für unseren Konzertabend.
Zu welchen Leistungen Simon fähig ist und welches Potential in ihm steckt, das kann man in seinem Video „A City Beautiful“ erkennen. Und nein: Ich meine nicht die sehr sehenswerten Bilder (von Simon P. Biggs), sondern die Kombination eines musikalisch anspruchsvollen, wunderschönen Songs mit einem unerwarteten Inhalt.
Das passt zur Darstellung in einem kürzlich erschienenen Online-Artikel über Simon im schottischen „The Herald“: Dort wird seine Musik als komplexes, aufwändiges Gitarrenspiel bezeichnet und als ein Ansatz, der sich nicht mal in der Nähe „der üblichen Themen über Liebe und Anziehung“ begibt. Unerwartete Themen, viele davon mit politischem Hintergrund …
Zehn Jahre Unterwegs!
Simon Kempston spielt seit seinem achten Lebensjahr Gitarre — nachdem er bereits ein Jahr lang Klavierunterricht hatte. Jetzt wissen wir auch, warum sich schon der junge Simon nicht mit Geschrammel abgab: Er lernte klassische Gitarre.
Heute beschreibt der Künstler sein Spiel als Ergebnis dieser klassischen Ausbildung und einem Folk-basiertem Spiel, das ihn in späteren Jahren inspiriert hatte. Und vor zehn Jahren begann er seine professionelle Karriere als Singer-Songwriter.
Simon Kempstons Tourneedaten sind atemberaubend. Während ich diesen Artikel schreibe, ist er gerade in Neuseeland unterwegs. 2018 spielte er 160 Konzerte. Auf seiner Tourneeliste stehen Orte wie Rotterdam, Düsseldorf und Taschkent — aber auch Magtenbølle, Oberbuchsiten und Völzberg. Er meint dazu: „Ich reise an viele trostlose und seltsame Orte — über das hinaus, wo die meisten Singer-Songwriter hinkommen.“
Ich bin sicher er meint mit den trostlosen Orten Rotterdam, denn „trostlos“ ist ein Wort, das den BesucherInnen der Konzerte in der Fliegenden Ente sicher am wenigsten einfallen wird. Für alle, die besondere Musik und bemerkenswerte Texte mögen, wird dieses Konzert genau richtig sein. Dass man dabei — wie immer im Kulturcafé — nahe am Künstler sein wird und vermutlich besondere Einblicke in dessen Inneres möglich sein werden, macht die Erwartung bei mir noch grösser.
Ich bin wirklich gespannt auf Simon. The Herald schrieb vor wenigen Tagen: „He is well worth going to see.“ Ich habe das verstanden. Und wenn ich Simon am 29. März sehe und höre, dann werde ich ganz sicher an Max Dethloff denken.
Details zum Konzertabend
Das Konzert findet am 29. März 2019 um 20 Uhr statt.
Der Eintritt kostete 15 Euro. Konzertkarten waren — wie immer — nur im Café erhältlich. Rechtzeitige Reservierung wurde empfohlen, denn das Café hat bekanntlich nicht ganz die Grösse eines Stadions. Dafür ist es deutlich gemütlicher.
Mehr über Simon Kempston finden Sie → auf seiner Website.
Getränke und Speisen wurden auch während des Konzerts im Café angeboten. Auch hier war es so: Wurde beim Kauf der Konzertkarten ein Essen vorbestellt, wurde von uns ein Tischplatz garantiert.
Der Termin →war damals im Veranstaltungskalender. 🙂
Karten Reservieren
Nein, Sie können heute keine Karten mehr für dieses Konzert reservieren. 🙂